Sie müssen wissen, dass ich üblicherweise nicht vor dem Publikum spreche, wenn mir so viele gegenüberstehen. Meistens, wenn ich so viele Menschen sehe, z. B. auf einem Bahnhof, bin ich einer von ihnen. Einer von den vielen, die alle ihres Weges gehen. Das finde ich schön, wenn jeder seines Weges geht und jeder seine eigenen Gedanken mit sich trägt. Und wie! Mit ernsthaftem Gesicht und festem Schritt: Ja, wir behalten unsere Gedanken fest in uns. Als ob wir wissen, vielleicht fast überzeugt sind, dass dasjenige, das wir selbst in uns mitnehmen, ganz und gar uns selbst gehört. Nur uns selbst. Ja, vielleicht ist das, was wir denken … wir denken, wir sind so. Wir wissen nicht genau warum. Und dass scheint zerbrechlich und wir tragen es nicht zu Markte. Wir wollen es nicht verlieren. Wir tragen es mit uns. Und wenn wir dies bei uns bemerken, dann geschieht etwas Fremdes, Unerwartetes. Wir wollen es jemandem mitteilen. Dasjenige, von dem wir dachten, dass es nur uns selbst anginge. Wir wollen es aus den Händen geben. Wo lernten wir dieses? Haben wir es überhaupt gelernt? Ich glaube es nicht. Wir wollen es, wir wollen sprechen, hören und sichtbar sein. Dies scheint so zu sein. Etwas, wovon wir erfüllt sind, wollen wir mitteilen. Dafür gibt es offenbar Gründe. Sogar der Dieb, der aus Leidenschaft klaut, will letztendlich nicht unerkannt bleiben und zeigt sich selber bei einer höheren Instanz an. Vielleicht kann man sagen, dass derjenige, an der wir uns richten, schon so etwas wie eine höhere Instanz ist, an die wir uns ausliefern. Eine höhere Instanz, weil wir nicht wissen, was aus unseren Worten wird. Wenn sie einmal ausgesprochen sind, haben wir die Macht darüber verloren. Sie gehen ihren eigenen Weg.
Ich glaube, dass es notwendig ist, sich auszusprechen. Wir können nicht alles behalten. Da gibt es Vieles, was gesagt werden will. Da gibt es einen Drang zum Sprechen, aber es ist nicht immer selbstverständlich oder leicht. Wie oft sagen wir nicht hinterher: “Hättest Du es doch gesagt!” Und wenn jemand stirbt, hat man das Gefühl, dass etwas noch nicht gesagt worden ist. Und dann ist es zu spät. Wenn wir in einem leeren Zimmer stehen…
Wie ist es mit den Kunstwerken? Stehen sie in einem leeren Zimmer? Und an wen wenden sie sich? Mir scheinen sie immer sehr einsam. Einsam, weil dasjenige, das zu ihrem Entstehen führte, all dasjenige, was dem Kunstwerk vorausgegangen ist, sich in dem Moment seiner Vollendung, d.h. wenn das Kunstwerk fertig ist, als ob das Kunstwerk dann, in diesem Moment, sich von dem Vorhergegangenen löst. Und dann steht es da! Fremd und unwissend von seinem Ursprung, wie etwas Neüs! Vorher war es nicht da. Das weiss das Kunstwerk nicht. Und worüber spricht es? Nicht über sein Entstehen und nicht über seinen Hersteller. Es spricht gar nicht, es sagt kein Wort.